Das Modell

Die Frage nach einheitlichen, vergleichbaren Dienstbeschreibungen für den Pfarrdienst  wird mit zunehmender Dringlichkeit gestellt. Auslöser für dieses Interesse sowohl auf Seiten der Kirchenleitungen wie der Pfarrvertretungen sind

  • eine angemessene Erfassung der Arbeitsmengen insbesondere für Teilzeitdienstverhältnisse, Kombistellen und Probedienstpfarrstellen,
  • strukturelle Veränderungsprozesse auf allen Ebenen in der Kirche, (z.B. regionale Entwicklungsprozesse, Zusammenlegung von Kirchengemeinden, Entwicklung multiprofessioneller Teams usw.), 
  • die wachsende Belastung des Pfarrdienstes durch komplexe Struktu­ren, diffuse Erwartungen, kumulierte Arbeitsmengen,
  • die Aufmerksamkeit für Salutogenese, geistliches Leben im Pfarramt und den Zusammenhang von Verkündigung und Lebensgestalt.

Einheitliche, vergleichbare Dienstbeschreibungen dienen vor allem der Erfassung der Arbeitsmengen und ermöglichen die Eröffnung von transparenten Veränderungen in der Arbeitsanordnung, um den in Art.25 der Kirchenverfassung beschriebenen Aufgaben nachkommen zu können.

Theologische Einordnung

Das Pfarramt verfügt weder über  eine Angestellten- noch eine freiberufliche Arbeitsstruktur. Es gehört in den Bereich der Professionsberufe (Lehrer, Richter, usw.). Das Prinzip der Alimentation markiert eine Aufgabenbestimmung  als Kern der Berufs, keine Produktorientierung oder Leistungserwartung im Arbeitsprozess. 

Andererseits sind die gegebenen Grenzen von Zeit, Kraft, Belastbarkeit und Erfahrung zu beachten. Menschen, Situationen und Talente sind ver­schieden. Wo immer die Maße des physischen, geistigen und geistlichen Vermögens missachtet werden, nehmen die Person, die das Pfarramt bekleidet, die Gemeinde und die pfarramtliche Arbeit selbst Schaden. Darin kommen ein pastoraltheologischer, ein ekklesiologischer und ein schöp­fungstheologischer Aspekt zum Tragen.. 

Der pastoraltheologische Aspekt: Es muss bei wachsender Komplexität der Aufgaben sichergestellt werden, dass das, was als pastorale Arbeit be­stimmt ist, auch in ausreichendem Maße wahrgenommen werden kann. Dazu aber bedarf es einer realistischen Abschätzung des Arbeitsanfalls.

Ekklesiologisch gilt es, die Gestaltung des Pfarramtes am Auftrag der Kirche auszurichten. Das bedeutet, über die funktionalen Bestimmungen des Zeitrahmens hinaus zu fragen, auf welche Weise das Evangelium durch die kirchliche Arbeit an die Menschen kommt – einschließlich der be­ruflichen und ehrenamtlichen Mitarbeitenden der Kirche. 

In schöpfungstheologischer Hinsicht stellt sich die Frage nach dem Schutz der menschlichen, physischen und psychischen Ressourcen. Die Sabbatruhe Gottes ist eine theologische Grundorientierung für die Gestal­tung menschlichen, also auch pfarramtlichen Lebens. 

Das Ziel: die Dienstbeschreibung

Das Terminstundenmodell ist kein Arbeitserfassungsinstrument. Es legt weder Tagesstunden noch Maximal- oder Minimalwerte fest. Vielmehr geht es um die Abschätzung des wöchentlichen Arbeitsanfalls im Jahresmittel. Das Terminstundenmodell hilft, diesen Arbeitsanfall in seinen wesentlichen Bestandteilen durchsichtig zu machen, um daraufhin ggf. Maßnahmen zur Korrektur einzuleiten, wo dies erforderlich ist.

Betrachtet wird im Terminstundenmodell nicht die Pfarrperson, sondern die Pfarrstelle. Es soll nicht bewertet werden, was eine Person leistet, son­dern wieviel Arbeitslast mit einer Stelle verbunden ist. Damit werden die Arbeitsmengen sowohl für die Pfarrpersonen als auch für die haupt- oder ehrenamtlich Mitarbeitenden objektiv fassbar und von den personspezifischen Umständen unterscheidbar.

Grundlage der Berechnung ist die Jahreswochenstundenzahl, die auf der Basis von 40 Arbeitsstunden pro Woche (analog dem Wochenstunden­ansatz der niedersächsischen Landesbeamten) bei 6 Wochen Urlaub und 2 Wochen Fortbildung bei 1760 Stunden, 44x40 Wochenstunden liegt.

Die methodisch tragende Idee ist die Festlegung, das Verhältnis von Ter­minstunden und Vorbereitungsstunden als 1:1 zu bestimmen[1]. Daraus er­geben sich 880 Terminstunden/Jahr, die mit den gewohnten Arbeits­vorgängen belegt werden können.

Ein Umfang von 4 Zeitstunden Fahrtaufwand pro Woche ist als zusätzlicher Aufwand eingearbeitet. Bei nachweislich mehr als 4 Stunden Fahrtzeit[2] pro Woche werden die darüber hinausgehenden Zeiten als zusätzlicher Aufwand im Terminstundensystem gewertet.

Das Terminstundenmodells liefert eine Darstellung der Arbeitsmenge und deren Struktur, die als zentraler Teil der Dienstbeschreibung deren eigentlichen Aussagewert darstellt. Die von der Superintendentur zu erlassende Dienstbeschreibung besteht dann in einem formalen Anschreiben, das die äußerlichen Bestimmungen der Pfarrstelle enthält, sowie dem Ergebnis des Terminstundenmodells, in dem die materialen Aussagen zusammengefasst und sowohl tabellarisch als auch in einem Schaubild dargestellt werden. 

Die Dienstbeschreibung ist das Ergebnis eines Beratungsprozesses. So wird sichergestellt, dass die Anliegen der Pfarrpersonen, der Gemeinden bzw. der Kirchenvorstände und der Kirchenkreise bzw. der Superintenden­turen zusammengetragen werden. 

 

[1]Vgl. hierzu Westerhoff, Michael, Das westfälische Terminstundenmdodell, DtPfbl 2/2023.

[2]Das entspricht in etwa 8.000 – 10.000 km/Jahr Nachweis durch Fahrtenbucheintragungen.